Regionale Mitfahrplattform auf Wachstumskurs

Regionale Mitfahrplattform auf Wachstumskurs
„Großer Bahnhof“ in Frechenrieden zur Würdigung der 3000. Anmeldung auf der Mitfahrplattform fahrmob, v.l.: der Markt Rettenbacher Bürgermeister Martin Hatzelmann, Plattformbetreiber Helmut Scharpf, Margit Kellner aus Altisried, Zukunftshelferin Karin Bernhard und Vereinsvorsitzender Thomas Munding.

„fahrmob.eco“ würdigt die 3000. Nutzerin und setzt auf Expansion

Frechenrieden – Mit einem Präsent für die 3000. Nutzerin, Margit Kellner aus Altisried, feierte die Mitfahrplattform fahrmob.eco in der Turnhalle des Sportvereins Frechenrieden einen weiteren Meilenstein. Vertreter der Gemeinde Markt Rettenbach, lokale Akteure und der Plattformbetreiber betonten, wie das innovative Mobilitätsprojekt den ländlichen Raum bereichert.

Die Fahrt ihrer Tochter zur Schule nach Kaufbeuren stellt das Ehepaar Kellner vor Herausforderungen. Die öffentlichen Verkehrsmittel erweisen sich als unzuverlässig und zeitaufwendig – eine Situation, die viele Familien kennen. Die regional gewachsene Mitfahrplattform wird hierbei immer mehr zur Alternative. „Das hat mich motiviert, mich bei fahrmob zu registrieren“, so Margit Kellner.

Der Vorsitzende des Sportvereins, Thomas Munding, sieht in der Plattform eine Chance, Fahrten noch effizienter zu organisieren: „Gerade bei Vereinsfahrten können wir Kosten und Ressourcen sparen“, erklärte er. Die Plattform biete Funktionen wie Sitzplatzanzeigen und Buchungsoptionen, die es Nutzern ermöglichen, Fahrten einfach zu koordinieren. „Wir vermitteln insbesondere der Jugend, dass wir nachhaltig sein müssen, nicht nur wegen den Kosten. Umwelt und Sport gehören zusammen, das muss man heutzutage unbedingt verknüpfen.“ Regelmäßig seien die unterschiedlichsten Mannschaften zu Auswärtsspielen unterwegs. „Über 30 Kilometer sind keine Seltenheit, ob Groß oder Klein. Deshalb wollen wir fahrmob für unsere Zwecke einsetzen.“ Und versprach gleichzeitig, die eigenen Mitglieder über Social Media über das Angebot zu informieren.

Erfolgsbilanz

1366 Fahrten wurden bislang vermittelt, die mehr als 32.700 Kilometer eingespart haben. Die Plattform ist mittlerweile in mehreren Landkreisen vertreten: über das Allgäu hinaus im Landkreis Augsburg und seit Kurzem mit der Stadt Biberach sogar außerhalb Bayerns. Die Zahl der registrierten Nutzer konnte innerhalb eines Jahres um ein Drittel gesteigert werden. Zu den Erfolgsfaktoren gehören umfassende Marketingmaßnahmen, darunter Flyeraktionen, Social-Media-Kampagnen und die Zusammenarbeit mit regionalen Vereinen. Zu den ehrenamtlichen Multiplikatoren kamen erstmals mehrere hauptamtliche „Regionenlotsen“ hinzu. Ein Highlight war die Aufnahme von Firmen und Bildungseinrichtungen, darunter drei Hochschulen sowie Stadtverwaltungen und Landratsämter. Zu den neuen Funktionen gehören laut Scharpf die Buchbarkeit regelmäßiger Fahrtangebote, das Auswerfen einer Grafik zum eigenen Angebot, die man unmittelbar als Statusmeldung in Messenger-Dienste oder als Anhang teilen kann. In Wolfertschwenden wurde das „Gemeindemobil“ eingebunden, IHK und Handwerkskammer haben unterstützt und Türen geöffnet. Als Großveranstalter wirbt die „bigBOX Allgäu“ seit September für die gemeinsame Fahrt zu Veranstaltungen.

2025: „Jahr des Mitfahrens“

Kurz vor dem Jahreswechsel hat sich mit den „Fischerfreunden“ aus Oberottmarshausen (im Landkreis Augsburg) der 200. Verein registriert. Die Vereine sind Multiplikatoren und wichtige Verbündete, das Thema der geteilten Fahrten in die Mitte der Gesellschaft zu tragen. Mit dem nächsten Etappenziel, die Nutzerzahlen auf 5.000 zu erhöhen, ruft fahrmob das Jahr 2025 zum „Jahr des Mitfahrens“ aus. „Das Fahrplanangebot ist jetzt schon beeindruckend, die Zahl der Mitfahrer sollten wir aber unbedingt noch steigern“, so Scharpf. Bei der Gewinnung neuer Nutzer sollen Vereine, Kommunen und Firmen zukünftig eine noch aktivere Rolle spielen.

Geplant sind zudem neue Features wie Gamification-Elemente sowie erweiterte Funktionen für Verkehrsbotschafter und Zukunftshelfer. Auch eine stärkere Integration in kommunale Strukturen, etwa durch Fahrplanplakate mit QR-Codes und regelmäßige Beiträge in Gemeindeblättern, steht auf der Agenda.

Nachhaltige Mobilität als Gemeinschaftsprojekt

Im Gespräch betonte Bürgermeister Martin Hatzelmann, dass fahrmob als alternatives Mobilitätsangebot eine ökologische und soziale Lösung für die Herausforderungen des ländlichen Raums biete: „Die Plattform stärkt die Gemeinschaft und unterstützt gleichzeitig lokale Vereine.“ Man registriert sich immer für einen Verein, dem man am Jahresende die Fahrteinnahmen als Spende zukommen lassen kann; eine Mitgliedschaft ist hierfür nicht notwendig.
„Gerade in ländlichen Gebieten, in denen der öffentliche Nahverkehr oft unzureichend ist, sei ein solches Zusatzangebot unverzichtbar. Markt Rettenbach und seine Ortsteile sind „ÖPNV-technisch ein wenig Diaspora, das Angebot ist sehr eingeschränkt“. Ähnliches gelte für Berufspendler: „Unser Gewerbe vor Ort ist eher mittelständisch geprägt. Viele aus unserem Gemeindegebiet arbeiten deshalb in größeren Gemeinden oder Städten, in denen sich die größeren Betriebe befinden; die Pendlerwege sind lang und werden in der Regel allein zurückgelegt“, so der Bürgermeister. 

Klimawandel als „ernster Hintergrund“

UNO-Generalsekretär Guterres forderte zum Jahreswechsel einen „drastischen Kurswechsel beim Klimaschutz“. Die vergangenen zehn Jahre seien die heißesten seit Beginn der Aufzeichnungen 1881 gewesen, Guterres sprach gar von einem „Zusammenbruch des Klimas in Echtzeit“. Das zeigt sich auch vor Ort: Die Schäden des Hochwassers Anfang Juni 2024 beliefen sich laut Landrat Alex Eder allein im Unterallgäu auf über 100 Millionen Euro; auch der Raum nördlich von Augsburg war stark betroffen.
Mit einem ambitionierten Kurs und innovativen Ansätzen ist fahrmob.eco Vorreiter nachhaltiger Mobilität und sieht sich als Angebot an die Gesellschaft, mit dem jeder einzelne dem Klimawandel etwas entgegensetzen kann. Vereine, Kommunen und Firmen können sich wegen einer Beteiligung gerne „pro-aktiv“ bei der Plattform melden. Die 3000. Nutzerin wird als Meilenstein gesehen und zugleich als Ansporn, die Potenziale zur Verkehrsvermeidung weiter auszuschöpfen.