Wir sprechen über ein Mobilitätsbedürfnis
Ein offenes Gespräch am Tag der Würdigung der 3000. fahrmob-Nutzerin
Helmut (an die Geehrte)
Also du hast über deinen Mann, der auf der Bürgerversammlung war, von fahrmob erfahren und dann hat er dir die Anmeldung gleich schmackhaft gemacht, nach dem Motto: „Wir haben schließlich das Problem, wie unsere Tochter in die Schule nach Kaufbeuren kommt.“
Margit
Genau, wir haben tatsächlich ein Mobilitätsbedürfnis, das unsere Familie vor gewisse Herausforderungen stellt. Meine Schwester nutzt die Mitfahrplattform schon, auch sie hat für ihre Tochter eine Mitfahrgelegenheit gesucht. Das hat gepasst, also die haben schon was gefunden.
Helmut
Sehr schön! Wann muss eure Tochter denn in Kaufbeuren sein?
Margit
Zu Schulbeginn um 8 Uhr.
Helmut
Wann muss sie außer Haus, wenn sie mit dem Zug – über Buchloe – nach Kaufbeuren fährt?
Margit
Wenn der Zug denn kommt, muss sie um 6:45 Uhr in Sontheim sein. Die Verbindung entfällt oft genug.
Helmut
Also eineinhalb Stunden vor Schulbeginn. Und das für eine Strecke, die man in 30 Minuten mit dem Auto fahren würde.
Margit
Ganz genau; man braucht ca. eine halbe Stunde. Und allein für die Fahrt zum Bahnhof haben wir für unsere Tochter ein Leichtkraftfahrzeug bis 45 km/h angeschafft.
Helmut (an den Vereinsvorsitzenden)
Wie oft fahrt ihr im Verein zu Auswärtsspielen bzw. zu Turnieren?
Thomas
Während der Saison fahren wir etwa jede zweite Woche zu einem Auswärtsspiel. Wenn Spiele verschoben werden, können es auch mal zwei, drei Heimspiele hintereinander sein, dann wieder Auswärtsspiele. Und das freilich mit zwei Seniorenmannschaften sowie mehreren Jugendmannschaften. Zusammen sind es mittlerweile x Mannschaften – bestimmt über 10 – und während der Saison haben die in der Regel einmal Heim-, dann wieder ein Auswärtsspiel.
Auch die Kleinsten müssen mit Privatautos gefahren werden; viele davon fahren sicherlich in Fahrgemeinschaften.
Helmut
Was werden da für Strecken zurücklegt, wo sind diese Turniere, wie weit geht es maximal?
Thomas
Also das geht – möchte ich sagen – schon bald an die 40-km-Grenze. Je höher man in der Liga spielt, umso größer der Radius. Über 30 Kilometer sind keine Seltenheit, ob Groß oder Klein. Selbst die Kleinsten müssen mal bis nach Markt Wald.
Helmut
Der Landkreis ist groß, von Legau bis Markt Wald sind es über 60 km!
Thomas
Zu Freundschaftsspielen fährt man schon mal bis Isny oder so. Die Teilnehmer fahren jetzt meistens nicht „völlig unintelligent“. Manchmal denke ich mir aber schon, warum sie zu viert mit drei Autos gefahren sind. Aber in der Regel trifft man sich schon hier und versucht dann halt, Fahrgemeinschaften zu bilden.
Helmut
Eine gemeinsame Fahrt im Sportverein ließe sich über fahrmob.eco ganz einfach organisieren. Man fragt im Vorhinein zwei, drei Leute, ob sie fahren könnten. Diese Fahrer stellen ihr Fahrtangebot ein und alle anderen brauchen bloß zu buchen. Heuer haben wir dafür sogar eine Sitzplatzanzeige eingebaut. Auf dem Weg heute nach Frechenrieden konnten wir das sehen: Es waren vier von vier möglichen Plätzen gebucht; mit der letzten Buchung hat sich die Farbe der Sitzplatzanzeige von grün auf rot gestellt. So sieht jeder, dass nun das nächste Fahrtangebot gebucht werden muss. Man behält den Überblick. Auf diese Weise kommt es nicht mehr vor, dass man mit drei Autos fährt, obwohl eines gereicht hätte.
Thomas
Wir wollen das gerne einmal bei einer Turnierfahrt ausprobieren! Als ich – mit Mitte 20 – noch Jugendtrainer war, gehörte es zu den größten Herausforderungen, jedes Wochenende genügend Fahrer zu finden. Damals waren die Leute noch nicht so gewillt, umsonst für den Sportverein Fahrten zu machen. Gerade Eltern haben gedacht, sie können das Kind einfach abgeben. Mittlerweile hat sich das schon etwas gewandelt, die Leute fahren jetzt schon lieber. Trotzdem fahren oft dieselben. Die kriegen auch nicht viel dafür, nach Vorlage einer Kilometerliste gibt es zumindest eine Spendenquittung. Der Aufwand für das Schreiben der Listen ist aber schon erheblich. Wir haben als Verein nicht die finanziellen Möglichkeiten, die Fahrer zu bezahlen. Insofern wäre der von fahrmob vorgeschlagene Obolus (ein Euro pro 10 km pro Mitfahrer) schon eine Entlastung.
Helmut (in Richtung Bürgermeister)
Fragen wir mal „die offizielle Seite“: Wie viele tägliche Ein- und Auspendler gibt es in Markt Rettenbach eigentlich?
Martin
Die Frage überfordert mich direkt, das weiß ich gar nicht. Da gibt es bestimmt entsprechende Statistiken.
Thomas
Ich glaube, dazu war für Memmingen und Mindelheim heuer sogar mal was in der Zeitung. Es ist schon brutal viel, was da so jeden Tag gefahren wird.
Martin
Unser Gewerbe vor Ort ist mehr mittelständisch geprägt. Viele aus unserem Gemeindegebiet arbeiten deshalb in größeren Gemeinden oder Städten, in denen sich die größeren Betriebe befinden: in Mindelheim Kleiner und Grob, die Betriebe in und um Memmingen oder in Wolfertschwenden, sodass viele täglich etliche Kilometer zur Arbeit pendeln. Und das in der Regel allein.
Als Gemeinde begeistert uns an fahrmob, dass dieses neue Mobilitätsangebot nachhaltig und umweltfreundlich ist. Dass es aus der Region heraus entstanden ist, sich regional entwickelt hat. Zudem bietet es den Vorteil, dass die Nutzer durch die Spende der Fahrteinnahmen gleichzeitig Vereine, Institutionen, Verbände aus der Ortschaft oder aus der Nachbarschaft unterstützen können. Damit lässt sich vielleicht der ein oder andere zusätzlich für dieses Angebot gewinnen, den man sonst vielleicht nicht erreicht hätte. Das macht das fahrmob-Angebot – glaube ich – schon zu einer Besonderheit.
Helmut
Als Verein hat man ja nicht so viel Geld. Durch die Spende der Fahrteinnahmen fließt am Jahresende der ein oder andere Euro in die Vereinskasse. Die Wertschöpfung bleibt vor Ort. Das macht fahrmob.eco zu einer ökologisch-sozialen Plattform.
Thomas
Genau in diese Kerbe schlagen wir mit rein. Wir vermitteln insbesondere der Jugend, dass wir nachhaltig sein müssen, nicht nur wegen den Kosten. Umwelt und Sport gehören zusammen, das muss man heutzutage unbedingt verknüpfen.
Martin
Was für uns als Gemeinde noch ein wichtiger Punkt ist: Markt Rettenbach und seine Ortsteile sind „ÖPNV-technisch“ ein wenig Diaspora, das Angebot ist sehr eingeschränkt. Mit dem Flexibus gibt es eine neue Komponente, die uns hier unterstützt, die Erweiterung der Palette mit dem ergänzenden Angebot von fahrmob ist einfach positiv.
Helmut
Erschwerend kommt hinzu, dass Markt Rettenbach so ziemlich an der Landkreisgrenze liegt. Es gibt zwar einmal am Tag einen Schulbus aus Obergünzburg, der bis zum Bahnhof nach Sontheim fährt. Aber der ist rappelvoll.
Martin
Und für den Alltagsgebrauch nicht geeignet. Für eine Abendveranstaltung ist man immer aufs Auto angewiesen.
Karin
Das Problem ist auch, dass diese Busse in den Ferien oder am Samstag gar nicht fahren.
Thomas
Man muss auch sagen, dass Markt Rettenbach – geografisch gesehen – eine der flächenmäßig größten im Landkreis Unterallgäu ist. Und wir haben die Teilung in zwei Talräume. Von Frechenrieden aus nach Mussenhausen rüber, das ist rein Luftlinie nicht weit. Es führt zwar ein direkter Weg dorthin, ich kann da aber keinen „durch den Wald schicken“, das kann man keinem zumuten! Sontheim und Attenhausen liegen ebenfalls nicht weit auseinander, der direkte Weg ist in dem Fall aber gar kein Problem. Unter dem räumlichen Aspekt ist Markt Rettenbach für fahrmob durchaus eine Mustergemeinde.
Helmut
Karin, als Zukunftshelferin für deine Gemeinde hast du fleißig überall die fahrmob-Flyer verteilt, auch in den ganzen Ortsteilen. Gab es da mal irgendwelche Reaktionen, die berichtenswert wären?
Karin
Von einer Anwohnerin habe ich tatsächlich ein Geschenk bekommen; die hat sich einfach gefreut, dass ich das mache.
Martin
Nachdem wir ja erst spät bei fahrmob dazugekommen sind, fand ich es schon erfreulich, dass ich im Zuge der Aufbereitung für die Bürgerversammlung sehen konnte, dass wir von den Zahlen der gefahrenen Kilometer her im Landkreisvergleich gar nicht schlecht dastehen. Das System hat sich bei uns in der Gemeinde relativ schnell etabliert.
Thomas
Trotzdem wissen viele noch gar nichts von dem Angebot. Da können wir als Sportverein unsere Unterstützung anbieten. Wir werden das Musteranschreiben an unsere Mitglieder schicken. Auch Social Media können wir nutzen: Bei Instagram haben wir 1400 Follower, das kommt bei den jungen Leuten gut an, da wissen gleich alle Bescheid. Auf der Homepage werden wir ebenfalls auf die Mitfahrplattform hinweisen.
Helmut
Seitens der Plattform sollen in 2025 für die Vereine finanzielle Anreize geschaffen werden, um noch mehr Nutzer zu gewinnen und Vereinsfahrten über fahrmob.eco abzuwickeln. Es gibt „was zu holen“; aber man muss auch etwas dafür tun, sprich, neue Nutzer gewinnen und Vereinsfahrten über fahrmob abwickeln. Um eine solche Fahrt als Vereinsmitglied zu buchen, muss man sich selbst – für den eigenen Verein – registriert haben. Durch die Buchung kommt man in die Praxis. Die Hoffnung ist deshalb nicht ganz unbegründet, dass wenn man es im Zusammenhang mit der Vereinsfahrt einmal gemacht hat, fahrmob auch privat weiter nutzt. Man weiß, wie es geht und nimmt sich dann vor, die eigene Fahrt zur Arbeit mit reinzustellen oder bei anderen mitzufahren.
In Richtung Gemeindeblatt gedacht: Warum im Januar nicht mal ganz bewusst eine „Markt Rettenbacher Skiwoche“ pushen? Wer geht alles zum Skifahren? Bietet eure Fahrt an, lasst uns gemeinsam zum Skifahren fahren. Irgend sowas in der Richtung. Da gäbe es viele Möglichkeiten.
Martin
Der Bedarf an alternativen Fahrtangeboten ist da. Hier vor Ort haben wir immer das Problem, dass es Fahrtbedürfnisse in viele Richtungen gibt. Jemand muss nach Kaufbeuren, jemand anderer nach Memmingen oder Mindelheim.
Helmut
Ziel ist es, in alle Richtungen zu allen möglichen – und unmöglichen – Zeiten Fahrtangebote zu schaffen. Die Straßen sind voll, das Potenzial ist mehr als vorhanden. Die Zahl der Nutzer auf fahrmob hat sich innerhalb eines Jahres immerhin um ein Drittel vergrößert; Margit war die 3000. Nutzerin. 1365 Fahrten wurden bislang vermittelt und dabei mehr als 30.000 km eingespart. In die App bauen wir zusätzliche Features ein und rufen 2025 als „Jahr des Mitfahrens“ aus. Man soll sich immer neue Etappenziele setzen; deshalb nehmen wir als nächstes – ganz unbescheiden – eine Nutzerzahl von 10.000 in den Blick!